WG201 – Briefentwurf an Alma Mahler
Toblach oder nach Berlin im Zug oder in Berlin, wahrscheinlich Freitag, 15. September 1911
So wie wir gestern zu-
sammensprachen, ist häufiger
von nöten. Das ist
kein wehe tun.
Wenn wir uns gegen-
seitig weiter bringen
wollen ist diese Offen-
heit notwendig. Wehe
tut nur eine Lücke
im Lieben.
Die Wüstenwege sind
mir zu lang, ich brauche öftere
Rast.
Ich will Dir „Freund“
sein, solange Du es willst
Es wird auch sehr darauf an-
kommen, ob Du Dich jung
genug fühlen wirst –
Alles das betrachte ich –
nun etwa wie ein Stern-
deuter, der seinem eignen
Schicksal das Horoskop
stellt. Aber – ich habe
Mut zu allem was kommt.
Ich weiß es nun schon, daß
der Mensch nur hart wird
in grausamen innerlichst ge-
weinten \u/ unsichtbaren Tränen
aus bitteren Krisen, denen
dann aber ruhige Heiterkeit
folgt.
Apparat
Überlieferung
, , , .
Quellenbeschreibung
2 Bl. (2 b. S.) – Notizblock.
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
keine.
Datierung
WG201 bezieht sich wahrscheinlich auf ein Gespräch, das AM und WG während seines Aufenthalts in Toblach führten. WG kam dort am 11. September 1911 an (vgl. seinen Brief an vom 10. September 1911 aus Berlin: „[…] weil ich heute für 5 Tage verreisen muß“, , S. 250) und reiste wahrscheinlich am 15. September ab (s. im selben Brief an : „Am 16. bin ich wieder in Berlin“, ebd.), wobei er möglicherweise geplant hatte, einen Tag länger zu bleiben (WG199 vom 4. September 1911: Am 16. muß ich wieder […] fort). Das Gespräch zwischen AM und WG von gestern könnte daher zwischen dem 11. und 15. September stattgefunden haben, wahrscheinlich entstand der vorliegende Entwurf aber am Abreisetag, 15. September 1911.
Übertragung/Mitarbeit
(Elisabeth Behnle)